Landkreis Harburg, Niedersachsen – Hass auf Ausländer: Ein anonymer Schreiber behauptet, er sei mit Corona infiziert und habe den Brief angehustet

Als Metin Kaya (28, Familienvater, Name geändert) am 28.03.2020 seinen Briefkasten öffnet, befindet sich darin ein loses, bedrucktes Blatt Papier. Im ersten Augenblick denkt er an nichts Böses, doch sehr schnell entpuppt sich dieser Zettel als anonymer Drohbrief. „Ich habe eine Überraschung für euch, denn ich habe Corona und habe diesen Brief mehrfach angehustet und an allen Ecken abgeleckt“, steht in dem anonymen Schreiben, das dem Institut für Forensische Textanalyse zur Gefährdungsbewertung vorliegt.

Ein anonymer Drohbrief mit drastischen Konsequenzen

Ein ekelhafter Scherz oder Ausländerhass und bitterer Ernst? „Ich werde nicht alleine gehen von dieser Welt, meine letzte Mission ist es meinen Kindern, meinen Enkeln eine Ausländer-freie Heimat zu überlassen“, schreibt der anonyme Autor weiter. Der einseitige Drohbrief schließt mit den Nazi-Parolen „Deutschland den Deutschen!“ und „Sieg Heil!“. Gezeichnet ist der anonyme Brief mit dem Kürzel „88“. Der achte Buchstabe des Alphabetes ist das „H“. „88 steht somit für „HH“, eine Abkürzung für „Heil Hittler“. Deshalb wird die Zahl 88 unter Neonazis regelmäßig als getarnter Hitlergruß verwendet. Auch wenn der Coranavirus in der Regel nicht über Papier übertragbar sei, hat das Gesundheitsamt Kaya geraten vorsichtshalber in häuslicher Quarantäne zu bleiben.

Hier unsere Expertenmeinung zu dem anonymen Brief in der Hamburger Morgenpost.

Leo Martin: Für uns ist das ein Standardauftrag. Ein anonymer Brief, der eine Bedrohungslage enthält. Was wir machen: Wir  zerlegen den Text in seine sprachlichen Einzelteile. Wir fragen uns: Wie geht der Täter mit Sprache um? Wie bildet er Haupt- und Nebensätze? Verwendet er Aktiv-oder Passivkonstruktionen? Macht er systematische Fehler? Wir haben haben hier einen Text, der aus nur 15 Zeilen besteht, aber etwa 17 Fehler beinhaltet. Eine sehr schlechte schriftliche Sprachfertigkeit und ein geringer Bildungsgrad sind hier sehr offensichtlich. Zudem gibt es weitere Auffälligkeiten. „Ich möchte meinen Kindern eine Ausländer-freie Heimat überlassen“, schreibt er. Hinterlassen wäre naheliegender. Oder: „Ich werde nicht alleine gehen von dieser Welt“. Gewöhnlicher wäre: „Ich werde nicht alleine von dieser Welt gehen“. Und nach genau solchen Auffälligkeiten suchen wir.

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