Die Amtsjahre von Donald Trump werden der Welt im Gedächtnis bleiben. Kein US-Präsident ist jemals so durch seine eigenwillge Kommunikation aufgefallen wie er. Deshalb wollen wir hier einen Blick auf die Sprache von Donald Trump werfen.

Twitter: Donald Trumps heißer Draht aus dem weißen Haus

Wenn die Medien im eigenen Land nicht so berichten, wie man das gerne hätte, muss man eigene Wege finden, um gehört zu werden. So sieht das zumindest Donald Trump. Anders als von ihm behauptet ist dies eher ein Beleg für die Freiheit der Presse und nicht dagegen. Also hat therealdonaldtrump seinen Gedanken über Twitter freien Lauf gelassen und anscheinend ungefiltert Tweet für Tweet in die Welt gesetzt. Noch nie zuvor war die Kommunikation zwischen einem Machthaber und der Öffentlichkeit so direkt. Das war sicherlich ein großer Schachzug von Donald Trump. Bügernähe und Wähleransprache sollten immer ein Ziel der Politik sein und auch die Sozialen Medien müssen hierfür genutzt werden. Donald Trump etablierte eine direkte Verbindung zu seinen Fans, sozusagen einen heißen Draht aus dem Weißen Haus. Donald Trumps Tweets waren keine vorgeschriebenen Posts, keine Pressestatements eines offiziellen Sprechers. Sie waren gefühlt nicht einmal Aussagen des Präsidenten, sondern eher spontante Reaktionen von Donald Trump, dem Mann hinter der politischen Rolle.

Das Extrem: Auch internationale Angelegenheiten wurden von Donald Trump über Twitter geregelt. Und so dürfte sein Twitter-Eifer so einigen amerikanischen Diplomaten die Arbeit erschwert haben, wenn er etwa die Staatschefs anderer Länder direkt attackierte. China, Russland, Türkei, Deutschland, … alle bekamen ihr Fett weg. Dass Bezeichnungen wie „verrückter Mann („mad man“) oder „Racketenmann („RocketMan“) dem Nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un gefallen haben, darf bezweifelt werden.

Donald Trumps eigene Wahrheit: „Alternative Fakten“

Dass es Donald Trump mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, ist kein Geheimnis. Auch wenn der Begriff „alternative Fakten“ nicht aus seinem Mund stammt, sondern von seiner ehemaligen Beraterin Kellyanne Conway, klingt er wie ein Einfall des Präsidenten höchst persönlich. 20.000 Lügen in vier Jahren Amtszeit kamen so zusammen. Der Künstler Phil Buehler hat dies in New York eindrucksvoll visualisiert. In seinem Projekt „Wall of Lies“ schrieb er jede Lüge von Donald Trump auf einen kleinen bunten Zettel. Diese klebte er dann wie ein Mosaik, Zettel für Zettel, Lüge für Lüge, an eine Mauer. Und die zieht sich über eine stolze Länge von 30 Metern. 30 Meter voller Lügen des mächtigsten Mannes der Welt. Dass es keine „alternativen Fakten“ gibt, braucht wohl nicht weiter diskutiert werden. Aber kein Ausdruck steht besser für die Präsidentschaft und die Sprache von Donald Trump.

Donald Trump und die „Fake News“

Donald Trump hat nicht nur inflationär gelogen, er hat auch das Narrativ von fremdgesteuerten Medien bewusst inszeniert und so den Begriff „fake news“ salonfähig gemacht. Um solche Formulierungen zu finden, muss man aber nicht  nach Amerika schauen, man wird auch hierzulande fündig. „Lügenpresse“ wird regelmäßig in Deutschland auf Demonstrationen skandiert, z. B. von den Anhängern von PEGIDA und den Querdenkern. Dieser Begriff steht jedoch nicht ohne Bezug zu seiner historischen Bedeutung und transportiert eine Ideologie, die jedem bewusst sein sollte. Dieses Wort löst eindeutige Assoziationen aus. Bereits im ersten Weltkrieg wurde der Begriff zu Propagandazwecken genutzt. Seinen Höhepunkt fand „Lügenpresse  im Dritten Reich und wurde schon damals verwendet, um das Vertrauen in die freie und kritische Presse zu untergraben.

Ironischerweise gehörte und gehört es zur Kritik dieser Medienkritiker, einen Umbau der Presse- und Medienlandschaft als Lösung vorzuschlagen, also faktisch eine wirkliche Propaganda- und Lügenpresse zu schaffen. Das gilt auch für Donald Trump, der jeden TV-Sender, der negativ berichtete, als „fake news“ und Feinde des Staates deklarierte. Seinem Haus- und Hofsender Fox-News hingegen war er meist wohl gesonnen.

Die Sprache des Präsidenten: rassistisch, sexistisch, beleidigend

Mit Donald Trump hielt die Vulgarität Einzug ins Weiße Haus und die Liste der sprachlichen Ausfälle ist nahezu unendlich. Hier ein paar Beispiele für seine frauenfeindlichen, rassistischen oder beleidigenden Äußerungen:

  • grab her by the pussy“ (über Frauen allgemein)
  • Besser ein paar Ratten in der Nachbarschaft, als eine zu sein“ (über einen schwarzen, demokratischen Politiker)
  • „[Sie] kommen ursprünglich aus Ländern, deren Regierungen eine komplette, totale Katastrophe sind, die schlechtesten, korruptesten und ungeeignetsten in der Welt (wenn sie überhaupt eine funktionierende Regierung haben“ (über dunkelhäutige US-Abgeordnete, allesamt amerikanische Staatsbürgerinnen)
  • Warum wollen wir diese Leute aus Afrika hier haben? Das sind Dreckslochländer… Wir sollten mehr Leute aus Norwegen haben.“ (über die Migration aus Afrika)
  • dreckiger Polizist“ (über einen ehemaligen FBI-Direktor)

Sein Kontrahent bei der Wahl 2020 und mittlerweile designierter Präsident der USA, Joe Biden, kam da mit „der schläfrige Joe („Sleepy Joe“) noch glimpflich davon.

Jede dieser Äußerungen löste einen kleinen Skandal aus. Aber seine Präsidentschaft konnten sie nicht gefährden. Stattdessen verschob sich die Grenze des Sagbaren immer weiter. Man muss sich aber zumindest rückblickend die Frage stellen, ob diese Sprache eines Präsidenten würdig ist.

Wenn Sie noch nicht genug von den Aussagen Trumps haben, finden Sie hier mehr.

Die Sprache von Donald Trump lässt keinen Raum für Zweifel

Selbstzweifel und Selbstkritik haben in der Welt von Donald Trump keinen Platz (vgl. Schneider & Eitelmann, 2020). Und so sucht man vergebens nach sprachlichen Formulierungen, die auch nur einen Hauch von Unsicherheit ausdrücken. Ein „ich glaube“ gibt es in der Sprache von Donald Trump nicht, stattdessen häufig Wörter wie „offensichtlich („obvieously“) oder „sicherlich („certainly“). Solche Überbetonungen haben eine Wirkung. Sie geben dem Zuhörer oder Leser das Gefühl, dass die Richtigkeit der Aussage allgemein bekannt sei. Der kritische Leser kommt also in ein Dilemma: Wenn es offensichtlich ist, wieso sehe ich es dann anders? Sozialer Druck und die Autoritätsverzerrung spielen hier eine Rolle. Wir glauben Autoritätspersonen mehr, als anderen Personen. Der Präsident der Vereinigten Staaten ist so eine Autoritätsperson. Was er sagt, muss wohl stimmen. Immerhin hat er auch Zugang zu den relevanten Quellen, er weiß vielleicht Dinge, die andere nicht wissen.

Die Überbetonung der Wahrheit auf solche Art und Weise kann übrigens ein Zeichen für eine Lüge sein. Adverbien wie „sicherlich“, „auf jeden Fall“, „bestimmt“ oder „ehrlich gesagt“ sind Signalwörter, die einen zumindest hellhörig werden lassen sollten. Warum betont der Sprecher oder Schreiber den Wahrheitsgehalt so auffällig? Und warum will er oder sie suggerieren, dass die Wahrheit offensichtlich ist und nicht hinterfragt werden muss? In jedem Fall liefert das einen Grund zum kritischen Nachdenken.

Die Einfachheit der Sprache von Donald Trump

Die Sprache von Donald Trump ist gekennzeichent durch auffällig viele Wiederholungen, also durch immer wiederkehrende Phrasen und Wörter. Wie die Forscher Schneider und Eitelmann (2020) herausfanden, verwendet Donald Trump das Adverb „very“ acht mal häufiger als andere Präsidenten vor ihm. Das ist aus mehrfacher Sicht spannend. „Very“ dient in erster Linie der Verstärkung. „Very good, „very bad“, „very nice“. Es wird einfach alles vergrößtert, verbessert, gesteigert. Und folglich auch emotionaler und wertender präsentiert.
Die Wiederholungen von Phrasen und Wörtern wirken aus stilistischer Sicht möglicherweise unschön, sie sind aber gleichzeitig einfach zu verstehen, wiedererkennbar und schaffen Klarheit. Das gilt auch für das recht simple Adverb „very“. Es erfüllt seinen Zweck und hilft, dass die Wähler Donald Trump als Vertreter des einfachen Volkes wahrnehmen. Als einer, der spricht wie das Volk.

Gruppenbildung: Wir gegen die Anderen

Die Sprache von Donald Trump ist geprägt von Gruppenbezeichnungen: „the Hispanics“, „the Muslims“, „the Democrats“ (vgl. Schneider & Eitelmann, 2020). Dabei unterstützt der bestimmte Artikel „the“ die Botschaft des Präsidenten. Es gibt eine Gruppe von Personen, die eine Einheit bildet. Im Deutschen funktioniert das ähnlich. Es macht einen Unterschied, ob ich von „Muslime beten Richtung Mekka“ oder „die Muslime beten Richtung Mekka“ spreche. Der bestimmte Artikel, also „the“ oder „der/die/das“, dient dazu, etwas näher zu bestimmen. In Verbindung mit einer Gruppe drückt er eine Homogenität aus. Die einzelnen Mitglieder treten in den Hintergrund. Der Subtext: alle Mitlglieder der Gruppe verhalten sich gleich. Durch solche Formulierungen werden klare Gruppenzugehörigenkeiten unterstrichen. Es gibt ein „Wir“ gegen „die Anderen“. In der Kommunikationswissenschaft bzw. in der Sozialpsychologie spricht man von In-Group- und Out-Group-Denken. Ein klassisches Stilmittel von Populismus. Und Donald Trump verwendet diese Formen nicht zufällig, er spricht und schreibt deutlich seltener von „the Republicans“, als er es von „the Democrats“ tut.

 

 

Quellen:

Lilienthal, V. & Neverla, I. (2017). „Lügenpresse“: Anatomie eines politischen Kampfbegriffs.

Schneider, U. & Eitelmann, M. (2020). Linguistic Inquiries into Donald Trump’s Language. From ‚Fake News‘ to ‚Tremendous Success‘.

https://www.welt.de/kmpkt/article170029177/Diese-Woerter-benutzen-wir-wenn-wir-auf-Whatsapp-luegen.html

https://www.spiegel.de/netzwelt/web/wie-man-luegen-in-e-mails-erkennt-a-1113442.html

https://www.tagesschau.de/faktenfinder/trump-bilanz-uswahl-fakenews-101.html

 

Über uns:

Wir sind das Privat Institut für forensische Textanalyse. Unsere Aufgabe ist es, anonyme Täter anhand ihrer Sprachmuster zu überführen. Daher beschäftigen wir uns jeden Tag mit Sprache. Wir sehen jeden Tag, welchen Schaden Sprache anrichten kann, aber auch, wie sie helfen kann, die Täter hinter anonymen Angriffen zu identifizieren.

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