Der Brief als Waffe
Innerhalb von wenigen Tagen wurden im Februar 2021 mehrere Paketbomben an Lebensmittelkonzerne in Bayern und Baden-Württemberg verschickt. Die Pakete detonierten in der Lidl-Zentrale und bei einem Getränkehersteller. Eine ähnliche Sendung an die Firma Hipp konnte noch am Flughafen München aus dem Verkehr gezogen werden. Die ermittelnden Behörden gingen in allen drei Fällen von ein und demselben Täter aus, jedoch ist über sein Motiv bisher noch nichts bekannt. Und auch ein Bekennerschreiben oder konkrete Forderungen gab es nicht.
Update: Am 20.02.2021 wurde bereits ein drigend Tatverdächtiger aus Ulm festgenommen. Weitere Details sind weiterhin unklar.
Hier gibt es Informationen zum aktuellen Stand.
Bekennerschreiben geben Hinweise auf den Täter
Paket- und Briefbomben stellen ein Extrem im Spektrum anonymer Angriffe dar. Sie sind gebaut, um zu töten und manchmal verrät bereits die Auswahl der Opfer, worum es dem Täter geht und welche Gesinnung er verritt, zum Beispiel bei rechtsextremen Taten, wie den Morden des NSU. Meist nimmt der Täter jedoch früher oder später Kontakt zur Öffentlichkeit oder den Behörden auf, weil die Taten alleine seine Botschaft nur eingeschränkt transportieren können. Diese Bekennerschreiben liefern den Ermittlern dann essentielle Hinweise, weil sie verraten, wie der Täter tickt. Und auch die sprachlichen Muster können bei der Identifizierung des Täters helfen.
Tatsächlich bestand auch die damals noch junge Diziplin der forensischen Linguistik ihre Bewährungsprobe im Fall einer Paketbombenserie in den USA. Der sogenannte Unabomber wurde zum meistgesuchten Verbrecher in der Geschichte des FBI und die forensischen Linguistik lieferte entscheidende Hinweise bei der Täterermittlung.
Paketbomben-Chronologie – Geschichte der Briefbomben
Das ist nicht das erste Mal, dass Paketbomben auftauchen. Die Geschichte der mörderischen Briefe geht mittlerweile über 100 Jahre zurück. Hier haben wir eine kurze Auswahl an bekannten Brief- und Paketbombenanschlägen aus Europa und Deutschland zusammengetragen:
2010 – Pan-Europäische Briefbombenserie
Politiker in ganz Europa erhalten Briefbombensendungen. Darunter ist auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Sendung konnte jedoch frühezitig erkannt und entschärft werden und Personen kamen dabei nicht zu Schaden. Nachdem sich Angriffe verstärkt auf politische Ziele in Griechenland konzentrierten, bekannte sich schlussendlich eine von dort stammende linksextremistische Gruppe zu den Anschlägen.
2008 – Tatort: Autohaus, Täter: unklar
In München erhält ein Autohändler eine Paketbombe. Sie explodiert und ein Mann wird dabei schwer verletzt. Der Fall ist bis heute nicht geklärt.
1993-1997 – Hassgrüße aus Wien
Der Bürgermeister von Wien, Helmut Zilk, verliert im Jahr 1993 seine linke Hand durch eine Bombe. Zwei Jahre später detoniert eine Bombe im TV-Studio des privaten Fernsehsenders ProSieben. Eine Person wird leicht verletzt. Das Ziel des Pakets ist die in Österreich geborene Moderatorin Arabella Kiesbauer, die zu diesem Zeitpunkt aber nicht vor Ort ist. Bis 1997 terrorisierte der rechtsextreme Franz Fuchs, im Namen einer sogenannten „Bajuwarischen Befreiungsarmee“, Personen mit Migrationshintergrund und Organisationen, die sich auf diesem Gebiet engagieren. Er verschickte zahlreiche Brief- und Rohrbomben in dieser Zeit, die 15 Menschen verletzen und vier Menschen töten.
1952 – Adresse „Konrad Adenauer“
In München übergibt ein Mann ein Paket an zwei Jungs und weist sie an, sie sollten es zur Post bringen. Das Paket trägt einen Adressaufkleber mit der Anschrift des Bundeskanzlers Konrad Adenauer. Die Kinder bringen das Paket jedoch stattdessen zur Polizei. Der Mann, der Ihnen das Paket übergibt, kam ihnen komisch vor. Bei der Untersuchung explodiert das Paket und der Sprengmeister verstirbt später an seinen Verletzungen.
1904 – Die erste Briefbombe der Welt
Das erste dokumentierte Attentat der Welt, das einen Brief zur Waffe machte, ereignete sich 1904 in Schweden. Nach 6 Jahren konnte der Täter gestellt werden, der im Laufe der Jahre mehrere Briefbomben verschickte. Sein Motiv: die Welt erkannte sein verstecktes Genie nicht. Die Bomben sollten sein Talent beweisen.
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